Das Wirtschaftsministerium von Katherina Reiche (CDU) hat entscheidende Passagen des im September vorgestellten Monitoringberichts zur Energiewende verändert. Das ergibt der Vergleich des veröffentlichten Gutachtens mit der unabhängig erstellten Originalfassung des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI), die Greenpeace vorliegt.
Greenpeace hatte die entsprechenden internen Unterlagen nach dem Umweltinformationsgesetz bereits am 17. September beim Ministerium angefragt, aber erst nach Androhung einer Untätigkeitsklage erhalten. „Der Monitoringbericht ist in seinen zentralen Aussagen ein mit dem Wirtschaftsministerium abgestimmtes Gefälligkeitsgutachten”, sagt Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid und kritisiert die Einflussnahme der Wirtschaftsministerin: „Katherina Reiche will ihre eigene politische Überzeugung mit einem zweifelhaften wissenschaftlichen Qualitätssiegel aufwerten.“
Der Vergleich zwischen der Originalfassung von August 2025 und der wenige Wochen später veröffentlichten Version des Gutachtens zeigt subtile inhaltliche Eingriffe, die weit über redaktionelle Änderungen hinausgehen. Kritische Aussagen zu Gaskraftwerken, Versorgungssicherheit, Investitionsrisiken, sozialen Kosten und regulatorischen Versäumnissen wurden abgeschwächt oder umformuliert. Analysen, die das Institut für notwendig erachtet, werden in der geänderten Version des Ministeriums zu optionalen Handlungsempfehlungen. Aussagen zu den Kosten der Energiewende wurden unzulässig überhöht, um Katherina Reiches 10-Punkte-Plan plausibler erscheinen zu lassen.
Der Monitoringbericht ist die Entscheidungsgrundlage für Milliardeninvestitionen und politische Weichenstellungen der Energiewende. Die Einflussnahme aus dem Wirtschaftsministerium auf ein unabhängig erstelltes Gutachten ist darum nicht zu rechtfertigen. Nach Auswertung von Greenpeace sind an 28 Stellen inhaltliche Veränderungen vorgenommen worden, zum Teil mit inhaltlichen Verzerrungen. So wurde etwa in einer Grafik das 80-Prozent-Ausbauziel für erneuerbare Energien entfernt und eine Bewertung zum Zubau von Gaskraftwerken von „unwahrscheinlich“ zu „fraglich“ abgeschwächt. “So werden nicht nur Parlament und Öffentlichkeit in die Irre geführt – es droht auch ein energiepolitischer Kurs, der auf geschönten Informationen beruht”, sagt Smid.
Bundeswirtschaftsministerium hält weiter Unterlagen zurück
Zusätzlich erhielt Greenpeace Einblick in Teile der Korrespondenz zwischen Wirtschaftsministerium und Forschungsinstituten. Das Ministerium hat Greenpeace die Unterlagen unvollständig und mit weitreichenden Schwärzungen überlassen. Die Schwärzungen in Teilen der Dokumente seien so umfangreich, dass „kein sinnvoller Informationsgehalt“ verbleibe, begründete das Ministerium das Zurückhalten weiterer Unterlagen. „Das Ministerium schwärzt erst alles, um die Herausgabe dann mit Verweis auf die Schwärzungen abzulehnen. Das ist absurd“, so Smid.
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PM Greenpeace Deutschland e.V.